Dienstag, 12. Mai 2015

Tage Am Meer

Geneigte Leserschaft,

Sonntag vor zwei Wochen:
Das Wusel kommt ins Schlafzimmer: "Sag mal Pax, ist meine Wange angeschwollen?" "Hm, ich glaub das ist nur Dein Gesichtsspeck!" Das Wusel dreht ihr Gesicht zweifelnd vor dem Spiegel hin und her "Ne Pax. Hier! Schau mal hier! Da ist eine Schwellung" "Das kann schon sein." "Pax, ich will doch morgen in den Urlaub. Was mache ich denn bloß? Das kann gefährlich sein. Vielleicht hat sich meine Zahnwurzel entzündet. Ich war doch Mittwoch extra beim Zahnarzt wegen der Schmerzen. Ich bin auch so müde und schlapp. Da stimmt was nicht!" Unruhig tigert das Wusel auf und ab. "Warum rufst Du nicht den Notdienst an?" Das Wusel schaut mich empört an. "Heute ist Sonntag Pax. Das macht man nicht." Das Wusel grübelt den halben Tag hin und her und ruft letztendlich doch widerstrebend beim Notdienst an. Der Zahnarzt empfiehlt ihr lediglich zu kühlen. Mit dem Kühlpack an der Wange wirft das Wusel spätabends wahllos einige wenige Sachen in ihren Koffer. "Sag mal, Wusel... damit willst Du verreisen? Das hat doch weder Hand noch Fuß." "Ich glaube ich fahre morgen nicht. Das schaffe ich nie! Ich habe auch gar keine Lust mehr." nuschelt das Wusel und kriecht ins Bett.

Am nächsten Morgen:
Das Wusel hat sich den Wecker früh gestellt um die Wohnung zu putzen, verschläft aber. Statt zu duschen, bindet sie ihr Haar zu einem Knödel, zieht ein wahlloses Outfit an und schlappt um viertel vor acht aus der Tür. Nicht mal ihren Koffer nimmt sie mit. Ich bin irritiert.
Zwei einhalb Stunden später rast ein völlig aufgelöstes Wusel zur Tür herein, reisst unsanft meine Türen auf und pfeffert schnell noch Sachen in den Koffer. Kurz darauf kommt Wusels Papa, schultert sich den Koffer und verschwindet wieder. Währenddessen tobt das Wusel hektisch durchs Bad und schmeisst Deo, Zahnpasta, etc. in Ihre Handtasche. "Pax, du wirst nicht fassen was mir passiert ist. Also um 08:00 Uhr war ich in der Werkstatt um mein Auto abzugeben, obwohl ich erst um 08:30 Uhr den Termin hatte (Anmerkung: Vor einer Woche ist eine Frau dem Wusel ins Auto gefahren und der Schaden sollte während Wusels Urlaub behoben werden). Um 08:10 schrieb meine Mama mir das ich um 08:30 Uhr beim Zahnarzt einen Termin habe. Um 08:20 Uhr kam ich aus der Werkstatt, Papa wartete schon mit laufendem Motor und hat mich zum Zahnarzt gebracht. Dort war ich um 08:35 Uhr. Arzt, Sprechstundenhilfe und vermutlich das ganze Dorf waren schon bestens informiert und meinten ich würde locker den Zug um 10:50 Uhr bekommen. Ich musste trotzdem warten und das Wartezimmer war voll. Um 09:30 Uhr kam ich dann endlich dran. Röntgenbild - kein Karies, keine Wurzelentzündung, alles sah gut aus. Er hat betäubt und noch einmal das Zahnfleisch gesäubert- Schmerz! Um 10:00 Uhr bin ich vom Behandlungsstuhl gesprungen. Papa wollte noch kurz zu Hause anhalten um Mama anzuziehen (Anmerkung: Wusels Mama hat sich vor ein paar Wochen einige Stunden vor Ihrer langersehnten Urlaubsreise beide Handgelenke gebrochen und ist somit übergangsweise zum Pflegefall geworden). Bei meinen Eltern habe ich dann schnell die Bahn-App gecheckt und was sehe ich? Meine Haltestelle fällt aus und das ist der einzige Zug der heute fährt und das Auto kann ich nicht nehmen weil es ja in der Werkstatt ist und nun müssen wir zur nächsten Haltestelle, haben aber nur 9 Minuten Zeit und... " dem Wusel geht die Luft aus. "Ich muss los..." weg ist sie und lässt mich im Chaos alleine. Da ich sie an diesem Tag nicht wiedersehe gehe ich davon aus das sie den Zug erwischt hat.

Eine Woche später:
Die Tür geht auf und ein müdes Wusel erscheint. Ihr Gesicht hat eine gesunde frische Farbe angenommen, die mich darauf schließen lässt das sie viel am Strand war. "Da bin ich wieder Pax!" "Und wie war es?" frage ich. Das Wusel gähnt herzhaft, lässt Ihre Taschen zu Boden fallen und setzt sich aufs Bett. "Gut war es. Bis Donnerstag war ich ja alleine. Da bin ich viel am Strand entlang gelaufen, habe nachgedacht-" "Oh nein," stöhne ich auf. "Kannst Du nicht mal mit dieser Grübelei aufhören? Das führt doch zu nichts." "Ach Pax, lass mich doch in Ruhe. Du verstehst das eh nicht." zickt das Wusel mich an. "Ich versteh mehr als Du denkst Wusel... " "Wenn Du meinst... als die anderen kamen wurde es dann etwas stressig (Anmerkung: Das Wusel war wegen der niedersächsischen Theatertage auf Baltrum und hat dort mit Ihrer Theatergruppe gespielt). Donnerstag Abend Eröfffnung der Theatertage. Die Inselbühne spielte den Schimmelreiter, das war ganz gut und nicht so ein schwerer Stoff wie ich befürchtet hatte. Danach haben wir in einer Kneipe in den Mai getanzt. Am Freitag bin ich früh auf und an den Strand, auf dem Rückweg Brötchen geholt und wir haben zusammen gefrühstückt. Um 10:00 Uhr bin ich schon wieder ins Theater gegangen. Diesmal wurde Gretchen 89ff. gespielt. Es handelt von den verschiedenen Arten und Charakteren an Regisseuren und Schauspielern die im Theater aufeinander prallen. Und es wurde immer wieder die Kästchen Szene aus Faust in verschiedenen Variationen gespielt. Das hat mir sehr gut gefallen. Danach haben wir eine Leseprobe für unser Stück gemacht und dann sind wir um 15:00 Uhr schon wieder ins Theater gegangen. Allerdings hat mir das Stück überhaupt nicht gefallen, das war eher Kalauerniveau und ich bin in der Pause gegangen. Das macht man zwar nicht weil es respektlos ist, aber da ich eh nicht mehr sitzen konnte bin ich lieber eine Runde am Strand spazieren gewesen. Da wir alle in einem Haus untergebracht waren habe ich später meine Patenkinder besucht und dort prompt das Bett mit einem lauten krachen zum Einsturz gebracht... wahrscheinlich hatte ich zuviele Nordseekrabbenbrötchen gegessen. Aaaaber wir haben das Bett wieder repariert. Danach bin ich dann zurück in unsere Wohnung und wir haben gekocht. Jeder sollte ein Nudelgericht kredenzen und dann ist man von Wohnung zu Wohnung gewandert und hat überall probiert. Bei uns sollte es grüne Bandnudeln mit Käsesoße geben. Allerdings ist die mir zu dünn geworden und daraum war es am Ende Käsesuppe. Ich hab mich so geschämt. Ich kann kochen und war mega unzufrieden mit dem Ergebnis. Aber alle haben die Suppe in den Himmel gelobt und sie war schneller aufgegessen als ich gucken konnte. Danach sind wir wieder ins Theater gegangen. Ich weiss echt nicht mehr wie das Stück hiess. Es ging ums Kino. Eine Frau und ein Mann haben in einer Art Kurzversion den Film "Wo ist Professor Lloyd?" erklärt und Szenen nachgespielt, begleitet von einer Pianistin. Was sich möglicherweise langweilig anhört hat mich von der ersten Minute an gefesselt. Die beiden Schauspieler hatten eine unglaubliche Präsenz, gute klangvolle Stimmen, die Bühne hat vor Energie vibriert, Tempo, Anschluss, Witz- unglaublich. Das Beste was ich je im Amatheurtheater gesehen habe! Standing Ovations! Am nächsten Morgen war ich wie immer am Strand, dann frühstücken und anschließend bin ich mit meinen Patenkindern, den Hunden Zimt & Zucker und der Tochter einer Mitspielerin spazieren gegangen. Strahlender Sonnenschein, kein Wölkchen am Himmel. Wir liefen und liefen bis zum Hundestrand. Wir hatten eh schon viel Spaß miteinander bis Zucker Zimt auf den Kopf pinkelte. Da beide Hunde eher wasserscheu sind wollten wir zu zweit Zimt überlisten um ihm ein wenig den Kopf zu waschen. Also ging ich mit ihm vorsichtig ein kleines Stück zum Wasser, während eines der Mädchen ihm Wasser auf den Kopf träufeln sollte. Aber auf einmal sah ich sie wegsprinten und im nächsten Moment spülte eine Welle über meine Knie hinweg und meine Schuhe füllten sich mit Wasser. Nachdem ich mich vom Lachen beruhigt hatte beschlossen wir den Rückweg anzutreten auf dem sich Zucker und Zimt synchron auf den Kopf pinkelten. Alle Mühe war umsonst! Hunde! Zu Hause duschte ich schnell und dann hieß es auch schon Bühne aufbauen. Mein Auftritt lief gut und ich schaffte es auch sturzfrei die Treppe hinunter ins Publikum zu gelangen. Doch dann passierte es. Unsere Hauptdarstellerin drückte an der Tür statt zu ziehen und da das Bühnenbild nicht am Boden verschraubt war ging ein erschrecktes Luftanhalten durch die Menge. In Zeitlupe kippte das Bühnenteil nach vorne, der Staatsanwalt hielt es in letzter Sekunde fest und irgendwie schafften sie es den Sturz zu verhindern. In der zweiten Halbzeit wartete ich hinter der Bühne auf meinen Auftritt. Ich saß in einem bequemen Ohrensessel und so kam es das ich einschlief. Peinlich. Als ich dann endlich dran war hatte ich auch noch einen schlimmen Lachflash, ausgelöst durch eine Frau in der ersten Reihe die so ansteckend lachte bebte ich minutenlang still vor mich hin und versuchte mein Lachen als Weinen zu verkaufen. 
Nach der Show hieß es abbauen, zu Hause umziehen, etwas Essen gehen und dann Improtheater ansehen. Anschließend gab es die große Abschiedsparty. Da ich ja nie was trinke war ich schnell ziemlich angetrunken, habe bis vier Uhr morgens getanzt und war Sonntag morgen um acht nicht wirklich fit für die Abreise. Jetzt muss ich erstmal schlafen! Gute Nacht, Pax!"

Euer Pax

Immer erste Amtshandlung des Wusels: Nordseekrabbenbrötchen mit Aussicht!

In Wirklichkeit noch vieeeeel schöner!

Möwen, Muscheln und Sand...

Das Wusel! Immer am Strand zu finden!


Und nun Videopremiere: das Wusel im bewegten Selfievideo... (Anmerkung: etwas verkrampft!)



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